Tartiflette

Tartiflette

Habt Ihr schon einmal so viel Schnee erlebt, dass man weder aus dem Haus kommt, ohne fleißig zu schaufeln, noch vom Haus weg oder sein Auto nicht wiederfindet, das irgendwo auf dem Parkplatz abgestellt wurde?

So passierte es irgendwann im Dezember Anfang/Mitte der 1990er Jahre in den französischen Alpen. Der kleine Ort, in dem wir Skiurlaub machten, war von der Außenwelt abgeschnitten. Eine Winter-Wunder-Landschaft. An Skilaufen war wegen der Lawinengefahr nicht zu denken. Vom Hotel aus wurden Gänge freigeschaufelt, um zu Fuß in den Ort gehen zu können. Im Ort schob ein Schneeräumfahrzeug ein Auto mit Schwung beiseite, das trotz der Schneewarnung am Tag davor nicht weggefahren wurde. Autsch, das knirschte unangenehm.

Es konnte mehrere Tage nichts mehr angeliefert werden über die Passstraße und auch nichts mehr weggebracht. Um Langeweile vorzubeugen und sicher auch Unmut oder sogar Panik, gab sich das Hotel größte Mühe, ein Animationsprogramm auf die Beine zu stellen. Jeder durfte mitmachen, der irgendetwas dazu beitragen wollte. Und so lernten wir Eddy kennen. Eddy, der aus dem Ort kam, geschätzt Mitte Fünfzig, vielleicht älter, mit seiner abgewetzten Cordhose, einem aufgetragenen, olivgrünen Militärpullover, fusseligen, abstehenden Haaren, O-Beinen, Fünf-Tage-Bart und einer verbeulten Jute-Einkaufstasche, aus der das Grün einer Lauchstange heraus schaute. Er war Hobby-Nummerologe, machte mit uns seine Weissagungen, die er aus Zahlenjonglierereien unserer Geburts-und sonstigen Daten, Namen und ich-weiß- es-nicht-mehr ableitete. „Sie, junge Dame, für sie wird in Zukunft das Wissen, die Bücher eine große Bedeutung haben. Sie werden eines Tages studieren!“

„Mmmh, ja, sicherlich!“ dachte ich mir nur, jaja, ganz bestimmt! Ich hatte ein zweijähriges Kind, erwartete das zweite, arbeitete im Messe- und Eventbereich an der Côte d’Azur und hatte so gar keine Ambitionen, ein Studium zu beginnen. Wie recht er haben sollte! 2003 begann ich, zurück in Deutschland, mein Studium der Angewandten Kulturwissenschaften.

Aber zurück zu Eddy. Er erzählte uns aus seinem Leben in den Bergen und war ein ausgesprochener Gourmet. Wie er mit schönsten Farben, ausgewählten Worten und tiefen Seufzern die Spezialitäten der französischen Alpen beschreiben konnte. Wir sahen förmlich die wunderbar gestalteten und liebevoll zubereiteten Leckereien vor unseren Augen und es lief einem das Wasser im Mund zusammen. Bei seiner Beschreibung von Tartiflette bekam ich richtig Hunger!

Der Nachmittag war zu Ende, meine Mama, die auch dabei war, träumte von einem großen, aus ihren Zahlen vorhergesagten Lottogewinn (und träumt heute noch davon), mein Mann schüttelte nur den Kopf über so viel „Cagade“ (provencalisch für: Bullshit). Auf unserem Weg durchs Hotel kamen wir am Speiseplan für den Abend vorbei: Es gab

Tartiflette

Heiß, fettig, sättigend und unsäglich lecker!

Seitdem hatte ich es nie wieder gegessen, bis ich kürzlich in einem Supermarkt auf „Fromage pour Tartiflette“ stieß. Den musste ich jetzt haben! Eigentlich muss es ja „Reblochon“ sein, mit dem man diesen „Auflauf“ zubereitet, der aber in Deutschland schwer zu bekommen ist. Zuhause habe ich mich sofort auf die Suche nach einem lecker klingenden Rezept gemacht und bin, mal wieder, bei Aurélie Bastian hängengeblieben. DAS klang perfekt für vier Personen:

Das Rezept:

*1/2 Reblochon (250 bis 300 g) oder ein anderer cremiger Käse,

*100 g Schinkenspeck oder Baconwürfel,

*2 Schalotten,

*400 g Kartoffeln,

*150 bis 200 ml trockener Weißwein,

*1 Knoblauchzehe,

*Salz und Pfeffer.

Die geschälten Kartoffeln und Schalotten werden in ganz dünne Scheiben geschnitten, der Schinkenspeck/Bacon kurz in einer Pfanne angebraten. Eine feuerfeste Form mit der Knoblauchzehe einreiben und dann dort die Kartoffeln, Schalotten und den Speck hineinschichten. Ich habe noch ein paar Scheibchen Knoblauch dazugegeben.

Salzen (nur ganz wenig!) und pfeffern nicht vergessen. Mit einer Schicht Kartoffeln abschließen. Mit dem Weißwein angießen.

Den Käse in längs in Scheiben schneiden und auf die letzte Kartoffelschicht legen.

Noch einmal pfeffern und dann 45 Minuten bei 200 Grad in den Ofen schieben.

Welch ein Genuss! Mit einem grünen Salat mit Vinaigrette begleitet, stillt dieser wunderbare „Auflauf“ den größten Hunger. Ein perfektes Winteressen, wenn es kalt ist und auch die Seele ein wenig wohlige Wärme braucht.

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