
Ratatouille pur ist köstlich. Noch lieber esse ich ich sie begleitet von einem schönen gegrillten Stückchen Fleisch. Warum? Weil es Ratatouille wie von Monsieur Claude ist. Deswegen müsste die Ratatouille von einem saftigen Entrecôte, gegrillten Lammkotletts, knusprigem Hühnchen, wunderbaren Merguez (mahgrebinische Lamm-/Rindswürste), einem zarten Tournedos oder anderen feinen Fleischspezialitäten begleitet werden.
Monsieur Claude war ein lieber, lebensfroher, väterlicher Freund und der Metzger mit der größten Leidenschaft für gutes Fleisch und natürlich gutem Essen. Würde er meinen Blog lesen können, er würde mich nur mit leicht schräg gelegtem Kopf von unten nach oben schauend und seiner für einen Südfranzosen stattlichen Größe von ca. 1,85 m bedauernd ansehen und fragen, ob das mein Ernst ist, was ich hier schreibe. GUTES Essen sähe anders aus! Das hier wäre doch nur ganz alltäglicher Durchschnitt. Aber ich hätte mich gemacht, die Kleine, die anfangs weder würzigen Käse mochte, noch Trüffel. Die, die kein Kaninchen oder Lamm essen mochte. Von anderem, was dort noch so gegessen wird, ganz zu schweigen. Er war es, der mich zu Beginn unserer Freundschaft nur liebevoll „Choucroute“ (Sauerkraut) nannte, mich dabei in seine kräftigen Arme nahm und mir rechts und links eine „grosse bise“ gab („Bises“, also Küsschen rechts und links auf die Wangen werden in Frankreich ja sehr zahlreich und freiwillig verteilt). Über mein „Essen lernen“ habe ich Euch ja schon in der Geschichte über das Forellentartar erzählt.
Gut, lieber Monsieur Claude, du hast ja recht …. oder auch nicht! Ich schreibe ja auch extra über die tägliche Allerweltskost, weil französisches Essen eben nicht nur aufwändig, teuer und exklusiv ist. Das würde eh keiner nachkochen. Jeder würde seufzen, sagen, dass es phantastisch klingt, aber schwierig zu kochen sei. So hoffe ich, den Küchenalltag mit meinen Altagsgerichten ein wenig bunter zu machen. Und dir und deiner Küchengöttin von Frau hätte ich eh nie das Wasser reichen können. Chocroute bleibt eben immer ein wenig Choucroute, das sehe ich ein. Übrigens, dein elsässisches Sauerkraut war auch so hervorragend, das könnte ich so nie hinkriegen. Wie auch, du bist ja inzwischen da oben im Himmel und freust dich vielleicht ein wenig, dass ich über dich schreibe. Und die Qualität an Fleisch, die es bei dir gegeben hat, so etwas gibt es heute fast nicht mehr.
Aber kommen wir zurück zur Ratatouille, wie du es mir beigebracht hast. Als ich das erste Mal eine große Schale mit üppigem Ratatouille in deinem Laden entdeckte, traute ich kaum meinen Augen. DAS soll Ratatouille sein? Oh … Eine leicht bräuliche Masse, die eher aussah wie Gemüseeintopf mit Tomate. Und nicht mit noch gut erkennbaren Stücken von Zwiebeln, Aubergine, Zucchini, Paprika und … Champignons … von denen ich erst jetzt erfuhr, dass sie da so ganz und gar und überhaupt nichts zu suchen haben. So stellte ich mir bisher Raratouille vor. So, wie ich es noch in Deutschland kennengelernt hatte von den ersten hippen Leuten, die dieses mediterrane Gericht Anfang der 80er Jahre schon kannten . Und das sagte ich auch ganz unverblümt.
„Nananana, ma chérie, ma beauté, ils ont fait cuire les legumes, ces fadoli, fatche de con! Et en plus des Champignons de Paris? Pas croyable, ces imbéciles“ So ähnlich muss er damals reagiert haben. Das ist jetzt ein mit einigen Marseiller Kraftausdrücken gespickter Ausruf des Entsetzens gewesen und wird höflich in etwa mit „Nein, meine Süße, die haben das Gemüse wohl gekocht, diese Unwissenden. Und dann auch noch mit Champignons? Ich kann es nicht fassen!“ übersetzt.
Für eine gute Ratatouille (Ich sage Die Ratatouille, weil es im Französischen La Ratatouille heißt) wird jedes einzelne Gemüse erst scharf angebraten, bis es leicht gebräunt ist. Es darf auf keinen Fall so viel in der Pfanne sein, dass das Gemüse im eigenen Saft gart. Dann hat man schon verloren. Man darf also nur den Boden mit dem klein geschnittenen Gemüse bedecken. Es darf auf keinen Fall angehäuft werden. Dann kommt es nach und nach in einen großen Topf und wird bei kleiner Flamme gar gekocht, bis es eben leicht zerfällt. Ein schmiedeeiserner Topf ist hierfür das i-Tüpfelchen, weil sich darin die Hitze gut verteilt und man bei kleiner Flamme sehr gut garen kann. Fertig. 🙂

Für eine Ratatouille für vier Personen brauchen wir lediglich
zwei mittlere Zwiebeln (weiß oder lila, das ist egal)
zwei bis drei Knoblauchzehen je nach Größe. Ich bevorzuge den lila Knoblauch und nehme nicht die kleinen Knoten aus China.
eine rote oder grüne Paprika, ich mag die roten lieber

eine halbe oder ganze Pepperoni, je nachdem wie scharf Ihr es mögt. Wenn Kinder mitessen, lasst sie lieber weg. Sonst wird es ein Trauma für die Kleinen.
eine bis zwei mittelgroße Zucchini

eine mittelgroße Aubergine

zwei bis drei reife (!) und geschmackvolle Tomaten, die es in Deutschland leider sehr selten gibt. Deswegen bevorzuge ich zum KochenTomaten aus der Dose. Die sind reif geerntet und kaum gelagert worden, weil sie sonst unbrauchbar geworden wären. Sie haben Geschmack und auch mehr gute Inhaltstoffe als unreif gepflückte Tomaten, denn die bilden sich erst beim Reifen. Achtet darauf, woher die Tomaten kommen. Nicht alles, wo z. B. Italien draufsteht, ist auch Italien drin. Seit ich mitbekommen habe, wie toll die Tomaten in Tunesien aussehen, wenn sie in die Dosenfabrik kommen, liebe ich ja auch tunesische Tomaten. Bevorzugt deswegen eine etwas teurere Marke. Ich habe darüber schon in meinem Rezept über Tomatensuppe geschrieben. Da nehme ich für die oben genannte Gemüsemenge eine Dose ganze Tomaten.
eine rote Pepperoni. Wenn Ihr nur einen ganzen Beutel voll kaufen könnt, macht doch gleich einen Reisnudel-Salat, dann vertrocknen nicht so viele Pepperoni im Kühlschrank.
2 Esslöffel Kräuter der Provence maxiumum, eher weniger
Salz und Pfeffer nach Geschmack.
Viel Olivenöl!
Eine Pfanne und ein Topf (möglichst ein gusseiserner, ein normaler 0815-Topf tut es aber auch).
Alle Gemüse werden in kleine Würfel geschnitten und einzeln aufbewahrt. Wenn Ihr frische Tomaten verwendet, legt sie ein paar Minuten in kochendes Wasser, damit Ihr die Haut abziehen könnt, sobald sie geplatzt ist. Vorsicht: Nicht die Finger daran verbrennen, Tomaten halten hervorragend die Hitze wegen ihres hohen Wassergehalts.
Nun wird alles in dieser Reihenfolge großzügig in Olivenöl scharf auf höchster Stufe angebraten. Warum diese Reihenfolge? Wegen der Länge des Garvorgangs, von lang bis kurz.
1. Zwiebeln und Knoblauch . Das sind die einzigen, die nicht braun werden dürfen, da sie noch einen langen Garweg vor sich haben und nicht bitter schmecken sollen. Sobald sie glasig sind, kommen sie in den Topf, der bei kleiner Temperatur das Gemüse leise gar schmurgelt. Bei Instagram unter kathis_kueche_lueneburg könnt Ihr in meiner Story sehen, wie es gemütlich vor sich hinkochen soll.

2. Im nächsten Schritt werden die gewürfelte Paprika und die fein geschnittene Pepperoni in einem neuen Schuss Olivenöl angebraten, bis sie leicht gebräunt sind. Dabei immer wieder wenden, damit sie von allen Seiten Farbe bekommen. Das dauert jetzt etwas, aber Eure Geduld wird sich im Geschmack bezahlt machen. Ab in den Topf zu der Zwiebel-Knoblauch-Mischung.
3. Dann die Zucchinistückchen genauso braten, wieder mit neuem Olivenöl und ab in den Schmurgeltopf. Ihr könnt auf dem Foto sehen, dass alle Gemüse leicht angebraten sind.
4. Zum Schluss die gewürfelte Aubergine. Hier dürft Ihr mit Olivenöl nicht geizen, da die Aubergine das Öl wie ein Schwamm aufnimmt. Wenn Ihr zu wenig Öl nehmt, verbrennt sie, bevor Ihr bis fünf zählen könnt. Sobald auch diese schön Farbe hat, ab in den Topf.
5. Die Tomaten kommen direkt in den Topf, die Pfanne hat jetzt Feierabend.
Ebenso die Kräuter der Provence, Salz und Pfeffer. Deckel auf den Topf drauf und noch eine gute halbe Stunde vor sich hin köcheln lassen. Regelmäßiges, vorsichtiges Umschichten, am besten mit einem Pfannenheber, nicht vergessen, ohne aus dem Gemüse Püree zu machen. Fertig!
Schmeckt einfach nur pur als Hauptgericht (dann vergrößert allerdings die Gemüsemengen) , super als Begleitung zu Fisch, Fleisch und Eiergerichten. Schmeckt heiß und kalt, kann prima mitgenommen werden als kalte Mahlzeit oder zum Picknick. Und macht Euch keine Sorgen wegen des vielen Olivenöls. Das ist gesund, ob nun heißgemacht oder kalt genossen. Ohne Kohlehydrate genossen, braucht Ihr da wirklich kein schlechtes Gewissen haben. Wenn allerdings Reis, Nudeln, Brot oder Pommes frites dazukommen, habt Ihr das reinste Hüftgold!
Und warum auf dem Foto nur Ratatouille ohne alles Weitere ist? Weil ich einfach Lust darauf hatte und in dem Moment nicht an Monsieur Claude gedacht habe. Du verzeihst mir, lieber Freund und bester Metzger aller Zeiten?