Pompe á l’huile – Ölpumpe. Was ist das denn schon wieder?

Das habe ich mich auch gefragt. Hätte ich es in meinem Südfrankreichleben im Internet suchen können, wäre ich bei der Suche nach „pompe à l’huile“ auf … Ölpumpen gestoßen. Sowas für Motoren. Und zwischen den ganzen Metallgeräten wäre ich auf ein Rezept für etwas unfassbar Leckeres gestoßen. Gab aber noch kein Internet.
Bei meinen Marktbesuchen in Uzès (bei Nîmes am berühmten Pont du Gare) wo meine Schwiegereltern lebten, entdeckte ich neben vielen anderen feinen Spezialitäten ein herrliches Gebäck. Ein goldfarbenes, süßes und duftendes Etwas aus lockerem Hefeteig mit besonderen Geschmack, den ich bis dahin noch nicht kennengelernt hatte. Das Ganze mit einer zuckrigen Schicht, die beim Reinbeißen knuspert. So etwa wie unser Butterkuchen mit Zuckerschicht: Eine „Fougasse d’Aigues Mortes“ (ein Städtchen in der Camargue).

Aber was ist das, was ich da schmecke? Blumig, aber nicht aufdringlich. Es erinnert mich an warme Sommerabende am Mittelmeer, an den Duft von Jasmin, aber es ist kein Jasmin. Doch, es erinnert mich an den Königskuchen, den „Gâteau des rois“, der zum 6. Januar, dem Dreikönigstag, und auch noch bis Ende Januar in Frankreich gegessen wird. Nur die Geschmacksintensität ist stärker. Es ist ein Hefekuchen mit einer weichen, buttrigen, duftenden Kruste. Kennt Ihr das, wenn Ihr etwas Neues esst, der Geschmack Euch fast wegschmelzen lässt, Ihr aber nicht wisst, was es ist? Auf dem Markt wagte ich damals nicht, zu fragen, wollte nicht die unwissende Touristin sein.

Meine Schwiegermutter klärte mich dann auf. Es ist Orangenblütenaroma. Mehr sagte sie nicht. Es war für sie als geborene Languedocienne (also im Languedoc-Roussillon, die Region, die im Westen an die Provence anschließt) wohl zu selbstverständlich, als dass es einer weiteren Erklärung bedurfte. Ich fragte auch nicht weiter nach. Wann immer wir wieder in Uzès auf den Markt kamen, kaufte ich mir diese provençalische Spezialität, dachte aber nie daran, sie selber zu backen. Natürlich hatte ich inzwischen das Orangenblütenaroma entdeckt, es aber nie eingesetzt. Warum? Ich weiß es nicht. Backen war eben noch nicht so mein Ding und Hefeteig war mir eh suspekt. Diesen tollen Geschmack fand ich auch im Urlaub in Tunesien wieder, wo wir Orangenhaine vor der Tür hatten und Orangenblütenwasser in vielen Gerichten und Getränken eingesetzt wird. Doch „vergaß“ ich diese Spezialität nach meiner Rückkehr nach Deutschland.
Vor zwei Jahren fuhr ich nach Uzès und Umgebung, um tolle Locations für unser Angebot, Hochzeiten in Südfrankreich zu feiern, zu finden. Der Markt erinnerte mich an die vielen tollen Geschmäcker und Düfte, die die dortigen Leckereien haben. Und ich kaufte mir eine süße Fougasse. Welch ein Genuß!

Zurück in Deutschland suchte ich nach Rezepten und fand die unterschiedlichsten. Süße Fougasse wird in den meisten Rezepten mit Milch und Butter, mit Orangen- und Zitronenabrieb, mit oder ohne Ei und natürlich mit Orangenblütenwasser gebacken. Ich machte mich auf die Suche nach Orangenblütenwasser, das aber für meinen Geschmack zu dezent ist. So suchte ich in Hamburger Frankreichgruppen im Social Media mit dem blauen „f“ nach jemandem, der eventuell eine Flasche des in Deutschland nicht erhältlichen, deutlich intensiveren Aromas hat und mir etwas abgeben könnte. Und ich hatte Glück. Am S-Bahnhof Sternschanze in Hamburg trafen wir uns und eine sympathische Französin schenkte mir eine Flasche aus ihrem Vorrat.

Beim weiteren Rezeptestöbern traf ich auf eine tolle Variante, die „Pompe à l’huile“ heißt. Der Hefekuchen wird mit Olivenöl gebacken statt mit Milch und Butter und ohne die süße Kruste. Das muss gut schmecken! Die Pompe à l’huile ist eins der 13 Desserts, die traditionell zu Weihnachten gegessen werden und ein Symbol für Jesus und seine Jünger sind. Zu den 13 Desserts gehören weißer Nougat, Mandeln, Nüsse, Datteln, frische Früchte, Fruchtgelee und so weiter. Auch hier fand ich neben Olivenöl und Orangenblütenaroma wieder die unterschiedlichsten weiteren Zutaten, Zitronenschale oder Anis oder …
Mehrere Rezepte und viele Versuche mit Hefe später lag sie glatt, glänzend und duftend auf meinem Tisch, meine Pompe à l’huile! Ohne Schnickschnack, nur die Basiszutaten. So schmeckt sie mir am besten! Schwer, aber doch fluffig. Ölig, aber genau richtig, um nicht trocken zu sein. Süß, ohne zu süß zu sein. Mit dem begehrten Aroma, das bei der Olivenölmenge genau richtig ist. Perfekt ohne und auch mit Butter, Konfitüre oder Orangenmarmelade. Inzwischen habe ich das Rezept schon für Freunde übersetzt. Nun sollt Ihr es bekommen, um dieses herrliche Hefe“brot“ zu backen. Es ist viel zu lecker, um es nur zu Weihnachten zu essen. Für ein schönes Sonntagsfrühstück oder Nachmittags zum Kaffee, es passt zu fast jeder Gelegenheit und Tageszeit.
Die oben erwähnte Fougasse gibt es nicht nur süß, sondern auch ungesüßt als Hefebrot mit Zwiebeln oder Oliven, Sardellen, getrockneten Tomaten oder Speck. Dann ähnelt sie der italienischen Focaccia. Und warum mein geliebtes Gebäck Pompe à l’huile heißt? Ich weiß es nicht.

Aber hier nun das Rezept:
Die Zutaten und Zeiten bitte sehr genau einhalten für ein perfektes Resultat.
500 g Mehl (Geteilt in 240 g+ 260 g)
145 g handwarmes Wasser
125 g Olivenöl + Olivenöl zum Einpinseln nach dem Backen
30g frische Hefe
8 g Salz
70g feinkörnigen Zucker
3 Esslöffel Orangenblütenaroma („Fleur d’oranger“ von Vahiné, das Ihr bei mir bekommen könnt) + 3 Esslöffel zum Einpinseln
Benötigte Zeit: ca. 6 Stunden
Die Hefe in das warme Wasser bröckeln und auflösen. Mit 240g von den 500g Mehl und einem Teelöffel Zucker (von den 70g) vermischen und kneten. Die Teigkugel in eine Salatschüssel (oder große Rührschüssel) mit handwarmem Wasser legen (bitte nur warm, heißes Wasser tötet die Hefe). Warten, bis die Teigkugel an die Wasseroberfläche aufsteigt und von dem Moment an 8 Minuten im Wasser schwimmen lassen. In der Wartezeit die weiteren Zutaten vermischen: den zweiten Teil Mehl mit dem Zucker, dem Olivenöl, dem Salz und dem Orangenblütenaroma.
Die Teigkugel nach 8 Minuten schwimmen vorsichtig mit beiden Händen aus dem Wasser fischen und mit der vorbereiteten zweiten Teighälfte so lange verkneten, bis beide Teige gut miteinander verbunden sind und die Teigkugel eine schöne einheitliche Farbe hat. Wenn die Proportionen genau eingehalten wurden, hat man jetzt einen glänzenden Teig, der nicht mehr an den Händen klebt. Den Teig entweder als mit einem Messer leicht eingeschnittene Kugel oder Oval oder als Zopf auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen.
Den Teig an einem warmen Ort 4,5 Stunden ruhen lassen. Er sollte sich in der Zeit in der Größe fast verdoppeln.
Den Ofen auf 180 Grad vorheizen (Ober- und Unterhitze, keine Umluft!) und den Kuchen ca. 15 bis 20 Minuten backen (bis die gewünschte Bräune erreicht ist). Aus dem Ofen nehmen, sofort mit Orangenblütenaroma und dann mit Olivenöl großzügig einpinseln.
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Wenn man die Hefe länger arbeiten lassen will, damit der Hefekuchen für einige bekömmlicher wird, kann man Vorteig auch am Abend vorher ansetzen. Mit einer Frischhaltefolie bedecken, damit er nicht austrocknet und bei Zimmertemperatur die Nacht durch aufgehen kann. Hier müssen Vorteig und zweiter Teig lange miteinander verknetet werden, bis sie sich perfekt mischen und keine Teig“flecken“ mehr vorhanden sind.
Die schnelle Methode, wenn man wenig Zeit hat: den Teig bei 50 Grad im Ofen zwei statt 4,5 Stunden gehen lassen und dann die Temperatur auf 180 Grad hochdrehen. Das Resultat ist fast so gut, wie bei der langsamen Methode, aber auch nur fast.